Der erste Spezial-Reiseführer zu Swanetien
Seit November ist er im Buchhandel erhältlich – der erste Reiseführer, der sich ausschließlich der historischen Region Swanetien widmet. Bislang war Swanetien in den gängigen Reiseführern nur als eine von vielen interessanten Regionen Georgiens geführt, weshalb die Ausführungen zu Geschichte, Kultur- und Naturraum eher knapp ausfielen. So mussten Besucherinnen und Besucher der Region als Ergänzung auf Informationen verschiedener Online-Plattformen zurückgreifen, die die komplexen sozialen, ökonomischen und ökologischen Gegegenbenheiten vor Ort eher knapp und meist stark vereinfacht darstellten; von den großen Herausforderungen, vor denen Swanetien auch vor dem Hintergrund seiner zunehmenden touristischen Erschließung steht, wird zudem eher selten berichtet. Der vorgelegte Reiseführer basiert auf einem fünfjährigen geographisch-ethnographischen Forschungsprojekt vor Ort, das vor zwei Jahren überging in ein Folgeprojekt unter Beteiligung von insgesamt fünf Universitäten. Ziel ist es durch den Reiseführer und das Projekt „Vibrant Spaces of Svaneti“ Prozesse zu unterstützen, bei denen die lokale Bevölkerung mit den Besuchern der Region in einen fruchtbaren Austausch treten kann über die Zukunft dieses faszinierenden Raumes.

Der Reiseführer ist direkt über den Verlag, im Buchhandel und über alle großen Online-Händler erhältlich, z. B. via GenialLokal in Ihre Lieblingsbuchhandlung: https://www.genialokal.de/Produkt/Stefan-Applis/Swanetien-entdecken_lid_44759386.html via Hugendubel: https://hugendubel.de/de/buch_kartoniert/stefan_applis-swanetien_entdecken-40656971-produkt-details.html via Thalia: https://www.thalia.de/shop/home/artikeldetails/A1060736829
Der geographisch-ethnographische Zugang zum Raum
Die Geschichte Swanetiens ist eng verbunden mit der Geschichte Georgiens. Wegen seiner Grenzlage profitierte Swanetien seit dem Mittelalter vom Aufstieg des Georgischen Königreiches, denn die Swanen eigneten sich als verlässliche Grenzwächter. Mit dem Niedergang des mittelalterlichen Georgiens wurde Swanetien zur Schatzkammer Georgiens, weil der Adel sich vor den Heeren der Mongolen, Perser und Osmanen in die Berge zurückzog. Trotz aller Einflussnahme bewahrten sich die Swanen auch über die Sowjetzeit hinweg bis heute Züge einer traditionellen Kultur, deren Spuren man als Besucher im Raum entdecken kann.
Stefan Applis (2021). Swanetien entdecken. Ein Kultur- und Naturreiseführer für Georgien, S. 24f.
Die Geschichte Swanetiens ist für einen Besucher nachvollziehbar an den historischen Gebäuden und an deren Umbauten und der Gestaltung der Landschaft. Ohne zu sehr ins Detail zu gehen über die kirchlichen, politischen und wirtschaftlichen Prozesse der viele hundert Jahre alten Geschichte, können vier Zeitabschnitte sehr unterschiedlicher Länge ausgewählt werden, deren Spuren man im Raum entdecken kann:
- Die Kirchenbauten verweisen auf die Zeit des Mittelalters in Swanetien und zeigen an, wie Swanetien politisch, militärisch und kirchlich in das geeinte Königreich Georgien eingebunden wurde und als Rückzugs- und Schutzraum während der Zeit des Verfalls des georgischen Königreichs zur Schatzkammer Georgiens wurde.
- Die Dörfer des sogenannten Freien Swanetiens zeigen die Teilung Swanetiens und die Entwicklung bis in die Zarenzeit an; sie stehen auch für die fortschreitende Isolierung Swanetiens bis hinein ins 19. Jahrhundert.
- Die Unterschiede zwischen den traditionellen Bauten des swanischen Mittelalters und der Zeit der Sowjetunion machen die ideologisch motivierte Umgestaltung des Kulturraumes deutlich.
- Die vielen verlassenen und verfallenden Gebäude der Bergdörfer zeigen die Krisenerlebnisse in der jüngeren Geschichte Swanetiens an und machen die besondere Anfälligkeit des sozialen und wirtschaftlichen Raumes deutlich: Die katastrophenartigen Schneefälle des Winters 1986/87 und die Unsicherheit der 1990er Jahre führten zur Aufgabe ganzer Dörfer, der Einzug des Tourismus führt zu neuen Hausbauweisen.
Leserin und Leser des Reiseführers werden über den oben skizzierte Raumzugang durch die Region geführt, auf das aufmerksam gemacht, was augenfällig ist, wenn man Swanetien besucht, ohne dass man eine Antwort vor Ort findet auf Fragen nach den Hintergründen. Der Reiseführer bietet dazu zahlreiche Tourenvorschläge und eigens erstellte Karten an, um sich auf eigenen Ortsrundgängen die historischen Schichten zu erschließen.


Der Architekturschwerpunkt
Der gebaute Raum ist für alle Besucher unmittelbar erkennbar, doch fällt es den meisten schwer, ihn nach seinen historischen Schichten zu entschlüsseln. Der Reiseführer bietet dazu grundlegende Einführungen in die Architektur des Mittelalters und der Sowjetzeit. Am Beispiel Ushgulis werden die Schichten exemplarisch über entsprechende Karten, schematische Darstellungen und Fotografien erläutert – darüber hinaus gibt es ein extra Kapitel zum architektonischen (Welt-)Erbe Swanetiens, in welchem auch die Problematik des UNESCO-Status beleuchtet wird.

Die Problematik des UNESCO-Status und der Raumentwicklung im Zusammenhang mit dem Tourismus habe ich in folgenden Beiträgen besprochen: 1. Stefan Applis (2021). World Heritage tourism and the built space of Svaneti, Georgia. Peripheral histories. 18 January, 2021 2. Stefan Applis (2020). Perspectives | The threats to Georgia’s world heritage sites. Should locals be expected to forgo modernity to satisfy the demands of UNESCO and the global tourism industry? Eurasianet. August 14, 2020. 3. Stefan Applis (2020): Svaneti – A Slogan of the Saakashvili Period Profoundly Changes the Architectural Heritage of the Region. Georgia Today, September 11 – 17, p. 9. 4. Stefan Applis (2018). Perspectives | Tourism sustains, and threatens, Georgia’s highland heritage. Tales of an authentic society living at the edge of time fail to account for higher living standards in the Soviet heyday. Eurasianet. November 2, 2018

Die Nachhaltigkeitsperspektive des Reiseführers
Der Reiseführer enthält alle Informationen, die man als Besucher der Region benötigt, wie Hinweise zu Unterkünften, zu Möglichkeiten der Verpflegung, An- und Abreise zu und von Touren.

Er informiert zugleich aber über die besonderen sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen, vor denen die Region und ihre Bewohner stehen, so dass man UNterstützung bekommt, gute Entscheidungen zu treffen für das Verhalten vor Ort.
Ohne Tourismus allerdings wird es auf absehbare Zeit für viele Bewohner der Region kaum möglich sein, sich und ihren Familien vor Ort Zukunftsperspektiven zu erschließen. Damit ist es im Großen und Ganzen sicher besser diesen einzigartigen Kultur- und Naturraum zu besuchen – in einer verantwortlichen und nachhaltigen Weise, informiert über die komplexen historischen, politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Zusammenhänge im Raum. Auch sollte man sich dabei Zeit nehmen, die Region und die dort lebenden Menschen für sich so zu entdecken, dass die Begegnung für beide Seiten zu einem fruchtbaren Austausch werden kann. Denn viele Menschen Swanetiens befinden sich gerade selbst auf einer intensiven Suche nach ihrer Zukunft, bei der viele in der Vergangenheit gültig gewesenen Vorstellungen grundlegend in Frage gestellt werden – nicht nur von ihnen selbst, sondern auch von denen, die ihre Dörfer und Landschaften besuchen.
Stefan Applis (2021). Swanetien entdecken. Ein Kultur- und Naturreiseführer für Georgien, S. 10f.


Text: Stefan Applis (2021)
Bilder, Karten, Zeichnungen: (c) Stefan Applis (2021), aus: Swanetien entdecken. Ein Kultur- und Naturreiseführer für Georgien. Mitteldeutscher Verlage. Halle.
Seiten aus dem Buch: (c) Mitteldeutscher Verlag (2021)
Ich möchte sehr gern Swanetien in 2022 bereisen und setze auf eure Unterstützung.
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